Acht Jahre Sanierung des Milchhof Arnstadt – Zentrum eines neuen Quartiers

Im Dezember 2014 gründete sich die Baudenkmal Milchhof Arnstadt GmbH mit dem Ziel, den Milchhof als herausragendes Baudenkmal der Moderne wiederherzustellen und als Büro-, Veranstaltungs- und Kulturzentrum aufzubauen.

Die Mühlen mahlen langsam. Beratung und Planung, Untersuchungen und Abstimmungen mit den Behörden, Finanzierung und Kommunikation, Bauaufsicht und Fördermittelabrechung, ein überhitzter Baumarkt und ein kleines Virus haben viel Zeit verschlungen.

Aber ein Etappenziel ist erreicht. Der Milchhof hat wieder ein komplettes Dach, das über 800 m2 gedämmt ist, eine neue Attika sowie eine funktionierende Entwässerung. Damit ist das Gebäude gesichert.

Zugleich sind wiederhergestellt: die historischen Holzfenster, einige Stahlfenster, der Anschluß an Trinkwasser, Strom und Internet, Toiletten sowie der stolze Schriftzug MILCHHOF ARNSTADT. Die 2.500 m2 große Aussenfläche wurde beräumt.

Bis zum Sommer 2023 wird ein Teil der Rampe wieder die Fassade schmücken. Zusammen mit dem Rampendach entsteht eine nach Süden ausgerichtete und überdachte Aussenfläche, die den Milchhof als Veranstaltungsort aufwertet.

Im Rahmen der Bewerbung für die Landesgartenschau 2028 hat die Stadt Arnstadt 2021 begonnen, das Quartier Am Mühlgraben zu beplanen und die Voraussetzungen zu schaffen für ein neues Stadtviertel. Der Milchhof liegt mitten darin und ist darauf vorbereitet, als Kristallisationskeim für neues städtisches Leben zu fungieren.

Der Milchhof zählt heute zu den wichtigsten Baudenkmälern in Deutschland und ist Teil der Grand Tour der Moderne. Wir bedanken uns beim Bund, bei der Thüringer Staatskanzlei, dem Landesamt für Denkmalpflege, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Ilm-Kreis für die erfahrene Unterstützung.

Eine kleine Chronologie in Bildern:


1928

Der Architekt Martin Schwarz wird von einem genossenschaftlichen Bauernverband beauftragt, einen modernen Molkereibetrieb zu errichten. Es entsteht ein funktionales Gebäude, das heute als herausragende Architektur der 20er Jahre gilt.

Der reduzierte Fassadenschmuck im Sinne der Moderne verlang einen lebhaften Stein.
Martin Schwarz (1885 – 1945) hatte in Darmstadt studiert und war ein hochgebildeter Architekt, Musiker und Feuilletonist. Er hat das Anstädter Stadtbild geprägt wie kein anderer. Der Milchhof war seine Referenz an die Moderne.
Der Milchhof in einem Super8-Film von 1942


2014

Bis zur politischen Wende 1990 war der Milchhof durchgängig als Molkereibetrieb in Nutzung, gut erhalten und nur peripher umgestaltet worden. Danach begann der Verfall. Wir übernahmen das Gebäude als Ruine.

Offen für Vandalismus, Frost und Regen, genutzt als Werbeträger. Der Milchhof 2014.
Die Oberlichter mutwillig beschädigt, Teile des Daches eingestürzt.
Räume verfüllt mit Tonnen von Bauschutt
Mit der Eröffnung einer Ausstellung von Fotografien zu den Arnstädter Bauten von Martin Schwarz kam erstmals wieder Leben in das Gebäude. Am Ende des Jahres gründete sich die Baudenkmal Milchhof Arnstadt GmbH und erwarb den Milchhof. (Foto: Stadermann)


2015

Mit Unterstützung der Landrätin Petra Enders und des Landeskonservators Holger Reinhardt konnte eine erste Notsicherung vorgenommen werden.

Die Öffnungen der Oberlichter wurden abgedeckt, die Entwässerung temporär wieder hergestellt …
… und das Gebäude beräumt von Schutt und Unrat


2016

Die erste richtige Sanierungsmaßnahme war die Erstellung einer „Musterachse“, die von der Attikaabdeckung bis zu den Kellerfenstern Gestaltung, Materialien und Techniken der Fassadensanierung testen sollte.

Die „Musterachse“ erfüllte ihren Zweck. Zahlreiche Fehler wurden erkannt und in den weiteren Arbeiten korrigiert.
Förderin des Milchhof war die damalige Staatssekretärin für Kultur, Dr. Babette Winter (Mitte), hier mit der ehem. Landtagsabgeordneten Eleonore Mühlbauer und dem Architekten Walter Grunwald. Grunwald hatte großen Anteil daran, dass die Bedeutung des Milchhofs überregional erkannt wurde.
Symposium zur Architektur der Moderne in Thüringen – die erste große Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege
Ein weiterer Förderer des Projektes Milchhof Arnstadt war Holger Reinhardt, Landeskonservator im Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie
Die Qualitäten einer nach Süden ausgerichteten, überdachten Rampe konnten Tagungsbesucher seit 2016 immer wieder erfahren.


2017

Gröbere Arbeiten sowie die Beräumung des Geländes, zwei Schiebetüren und fünf Stahlfenster, eine Teeküche und zwei Toiletten zielten in diesem Jahr darauf, den Milchhof „nutzbar“ zu machen. Mit SHARING HERITAGE fand ein weiteres Symposium zugunsten des industriekulturellen Erbes statt mit Fachleuten aus ganz Deutschland.

Abriss an der Ostfassade
Nordansicht, beräumt. Den Milchhof umgeben 3.000 m2 Grund.
Milchhof ist Industriekultur: Besuch des Dachs der Stadt Erfurt, der Alten Mälzerei, im Rahmen des Symposiums SHARING HERITAGE.
Prof. Hans-Rudolf Meier von der Bauhaus Universität Weimar ist wissenschaftlicher Unterstützer des Projektes Milchhof Arnstadt und Mitglied des Gestaltungsbeirats.


2018

Erste Konzerte und Ausstellungen

Der Pianist Aaron Pilsen im Rahmen der Thüringer Bachwochen zu Gast im Milchhof.
Die Münchner Künstler Ute Kobras und Günther von Dulong stellen aus.


2019

Das Jahr des Bauhaus-Jubiläums wird auch zum Jahr des Milchhofs, mit dem Beginn der Wiederherstellung des Daches und einer großen Ausstellung unter dem Motto: Weiss – Nullpunkt der Moderne.

Der Ritterschlag: Der Milchhof wird zu einem der 100 bedeutendsten Gebäude der Moderne in Deutschland erkoren
Zur Eröffnung der Ausstellung kamen zahlreiche Gäste und …
… der Minister für Kultur, Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, zusammen mit den Veranstaltern Judith Rüber und Dr. Jan Kobel
Mittelpunkt war die Ausstellung marokkanischer Teppiche, ein authentischer Amazir- Webstuhl und eine Videodokumentation über diese Teppichkunst
Der Fotograf Martin Maleschka / Ostmoderne in SW in der ehem. Kannenausgabe
Arbeiten von Pomona Zipser und Angela Dwyer im Künstlersaal, der ehem. Kannenwäsche
Das Ensemble Tamuz
Ein halbes Dutzend Diskussionsveranstaltungen und Lesungen zu Fragen des Bauens und der Stadtentwicklung, hier mit Sabine Wosche von der Thüringer LEG (Landesentwicklungsgesellschaft)
Der Puppenspieler Christian Fuchs mit Marionetten-Figuren des Bauhauses
Der white cube – mit Wasserschäden des Extremregens vom 18.5.2019, als das neue Dach …
… noch nicht fertig war: der gleiche Raum einige Wochen zuvor.
Die drei großen Oberlichter wieder hergestellt.
Blick über das Gelände des Milchhofs von NW nach SO.


2020

Weitere Arbeiten am Hauptdach, Attika wird wieder hergestellt.

„Richtfest“ im Sommer 2020: der erste der 98 Formbeton-Abschlusssteine der neu aufgemauerten Attika wird gesetzt, unter Beisein der Landrätin Petras Enders (links)
Der durch Frost geschädigte Beton des Hauptdaches mußte partiell neu gegossen werden.


2021

Fertigstellung Hauptdach, Dachdämmung und Entwässerung. Sämtliche Holzfenster restauriert, nachgebaut und als Kastenfenster thermisch ertüchtigt.

Kastenfenster sind die beste Lösung für den Winter.
Die erste Etage. Hier sind Coworking Space, Appartements, und ein Café in der Planung.
Nun sitzt auch das letzte kleine Oberlicht.


2022

Es kommt Bewegung in die Entwicklung des Quartiers: Im Rahmen der Bewerbung für die LaGa 2028 beginnen die Planungen, wie sich das Quartier entwickeln könnte und sollte.

Vertreter des Landes und der Stadt auf dem frisch fertiggestelltem Dach des Milchhof Arnstadt.
Gut gelegen: das alte Gewerbegebiet zwischen dem Schlossgarten, dem Bahnhof, der Gera und den modernen Gewerbezonen, gesehen vom Milchhof.
Der Milchhof in Arnstadt, ein Denkmal der Moderne von 1928. Architekt: Martin Schwarz

2 Gedanken zu „Acht Jahre Sanierung des Milchhof Arnstadt – Zentrum eines neuen Quartiers“

  1. Uns interessiert momentan vor allem, wie Sie die Sache mit den Kastenfenstern geregelt haben. In unserem Haus (Jahrgang 1928, ebenfalls Bauhausanmutung mit Ziegel-Fassade) geht es u.a. um Fenstererneuerung, und wir befürchten, dass die ganzen Berliner Kastenfenster rausgeschmissen und durch neue Isolierfenster mit Plastikrahmen ersetzt werden sollen. Wir würden gerne wissen, welche Alternativen mit welchem Aufwand zu vertretbaren Kosten möglich sind. Wenn wir (wohl noch im Oktober) mal wieder im Stadthaus zum Übernachten vorbeikommen, würden wir uns über ein Gespräch in dieser Angelegenheit freuen.

    1. Das sollten Sie auf jeden Fall vermeiden, da es immer überflüssig ist und eine Fehlentscheidung. Sie können mich auch gerne anrufen.
      0171.1208500
      Best. JK

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